[Schreibaufgabe] Dann fangen wir doch mal an …

Wer sich mit Schreibratgebern befasst, wir über kurz oder lang über Beiträge zum Thema „ersten Satz“ stolpern. Der erste Satz soll die Leserinnen und Leser so dermaßen fesseln, dass sie das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollen, bevor sie nicht den zweiten Satz und somit die ersten paar Seiten gelesen haben. Danach, so natürlich die Hoffnung von Autorinnen und Autoren, sowie auch Verlage, soll das Buch auf der Theke des Ladens, neben einigen Münzen oder Scheinen landen, damit es gekauft werden kann.

Der erste Satz soll in medias res geschehen, als mitten ins Geschehen hinein. Er soll also zeigen, dass vor dem ersten Satz schon eine Geschichte, die Vorgeschichte geschehen ist und wir als Leserinnen und Leser kein langes Vorgeplänkel erwarten müssen. Es geht zur Sache. Vielleicht noch nicht mitten in die Tiefen des Abenteuers. Aber wir sind auch nicht bei der Geburt der Heldin oder des Helden dabei (Ausnahmen bestätigen die Regel, da darf und muss dies geschehen, aber ich denke, ihr wisst im groben Bescheid).

Doch einen absolut perfekten ersten Satz bekommt man natürlich nicht ohne Übung hin. Ab und an klappt das und man hat den perfekten ersten Satz. Immer schön aufschreiben, damit du ihn nicht vergisst. Und zuweilen kann man lange an ihn feilen. Die Arbeit lohnt sich aber.

Das tolle aber ist auch, der erste Satz kann nicht nur zum Kauf animieren, er kann auch für eine neue Geschichte sein. Wenn du einen Satz im Kopf hast, der sich als erster Satz lohnt, aufschreiben (wie immer) und dann überlege dir doch auch gerne, wie du aus diesem ersten Satz eine Geschichte basteln kannst. Da gibt es sehr wohl viele Möglichkeiten.

Aber kommen wir zur heutigen Übung, die aus drei Teilen besteht.

Teil 1:

Aller Wahrscheinlichkeit hast du das eine oder andere Buch in deinem Regal, welches du noch nicht gelesen hast. Schnapp dir fünf davon (warum fünf? ehrlich gesagt, keine Ahnung, du kannst auch mehr oder weniger nehmen, ich denke aber, fünf ist eine gute Menge) und lese nur den ersten Satz. Gerne kannst du ihn auch auf einen Zettel aufschreiben.

Nach dem lesen des ersten Satzes, lege das Buch beiseite und überlege dir, würdest du ihn jetzt immer noch kaufen? Was für eine Geschichte erwartet dich? Wie könnte sie jetzt weiter gehen? Was sagt dieser erste Satz über die Figur aus, die du (hoffentlich) gleich kennen lernen wirst?

Gerne kannst du diese Fragen in deinem Kopf beantworten. Aber du hast auch die Möglichkeit, alles auf Papier festzuhalten. Wenn du dann mit der Lektüre fertig bist, kannst du sehen, welche Eindrücke du aus dem ersten Satz gewonnen hast und welche davon am Ende auch wahr geworden ist.

Natürlich ist das viel Arbeit. Aber letztendlich lernen wir auch von den Großen und den Größten unseres (Wunsch)Berufes. Und da kann / darf / muss man ruhig etwas Zeit investieren. Gerne kannst du es auch für jeden Roman, den du in Zukunft liest, diese Übung machen, zumindest im Kopf.

Und danach … viel Spaß beim lesen.

Hinweis: Mit Anthologien klappt das auch. Die Geschichten sind hier viel kürzer und man hat in einem Band mehrere Geschichten zur Verfügung, mit denen man diese Übung machen kann.

Teil 2:

Jetzt wird es etwas praktischer. Überlege dir nun selbst fünf erste Sätze. Und zwar für verschiedene Genres:

  • Fantasy
  • Science Fiction
  • Krimi
  • Horror
  • Liebesroman

Da jeder dieser Genres ein anderes Publikum anspricht, ist natürlich auch eine andere Form des ersten Satzes notwendig. Überlege dir, wie du bei einem Liebesroman die Leserinnen (und Leser, auch wenn die Herren dies vielleicht nicht immer zugeben möchten) in deinen Bann ziehen möchtest. Und wie unterscheidet sich dies von einem Horrorroman?

Kleiner Hinweis: Ich bin auch keine Leserin aller Genres. Dazu habe ich auch nicht immer unbedingt die Zeit. Daher ist mir bewusst, dass du vielleicht gar nicht weißt, wie man bei einem bestimmten Genre überhaupt anfangen könnte. Schau einfach mal bei einem bekannten Onlinebuchhändler vorbei, wo du Online in den Büchern schmöckern kannst. Wie sieht denn dort der erste Satz eines Genres aus, mit dem du bisher noch nicht so viel Kontakt hattest. Und wer weiß, vielleicht landet das eine oder andere Werk demnächst in deinem Regal :o)

Teil 3:

Wenn du mit Teil 2 fertig bist, ruhe dich für den Tag aus. Und schreibe am nächsten Tag einen neuen ersten Satz. Vielleicht für deinen Roman, vielleicht für deine Geschichte. Dann schreibe am übernächsten Tag einen weiteren ersten Satz. Und den darauffolgenden Tag ebenfalls. Natürlich auch den Tag danach. Jeden Tag in deinem Tagebuch, deinem Notizbuch, deinem Computer. Schreibe jeden Tag, für den Rest deines Lebens.

Okay, ich gestehe, ich halte mich auch nicht an diese Übung. Aber diese ist gut, um ein Gefühl für einen ersten Satz zu bekommen. Denn nicht nur ein Roman fängt mit einem ersten Satz an, sondern auch jedes Kapitel. Und wenn du, so wie ich, immer wieder gewisse Ängste vor dem Anfang eines neuen Kapitels hast (nicht direkt Angst, bei mir blockiert es nur ein wenig), kannst du mit dieser Übung sehen, wie einfach es eigentlich ist.

Oder natürlich kannst du auch den Anfang für deine Kapitel so schreiben, ohne dich selbst unter Druck zu setzen. Und wenn du dann an der entpsrechenden Stelle bist, schreibst du einfach diesen einen Satz ab und schon hast du einen Anfang.

In dem Sinne … euch einen schönen Anfang ;o)